Montag, Februar 12, 2007

IFATS-Project: Risiken beim automatisierten Luftverkehr

Frage:
Warum wird IFATS sicherer, als der jetzige Luftverkehr?
Antwort:
Weil es bei jedem Absturz mindestens zwei Überlebende gibt, nämlich die eingesparten Piloten!
Die EU fördert das Projekt IFATS (Innovative Future Air Transport System, innovatives zukünftiges Lufttransportsystem). Dabei wird derzeit untersucht, ob der künftige Luftverkehr ohne Piloten auskommen und vollautomatisch, also computergesteuert ablaufen kann.

Über die Akzeptanz dieser automatisierten Flüge durch die Passagiere macht man sich derzeit noch keine Gedanken, zumindest beim DLR nicht. Aber bleiben wir mal kurz dabei. Warum haben viele Menschen Flugangst? Weil sie dem Piloten, den sie ja nicht einmal kennen, nicht trauen? Ich behaupte, dass den meisten Flugängstlichen der Fakt nicht geheuer ist, dass ein tonnenschweres Gerät, welches sie nicht einmal selbst stemmen könnten, sich in die Luft erhebt und sie sich der Technik auf Gedeih und Verderb anvertrauen müssen. Die Umfrage der SZ beweist, 32 Prozent setzen klar auf das Können von Piloten und 50 Prozent wollen, dass ein Pilot den Computer überwacht. Also insgesamt 82 aller Befragten vertrauen eher dem Piloten als der Technik. Interessant!

Wenn man der Statistik glauben darf, gehen mehr als die Hälfte aller Flugunfälle auf menschliches Versagen zurück. (Man zeige mir diese Statistik!) Es existiert jedoch keine Statistik, die Auskunft darüber gibt, wie viele Flugunfälle durch das Können von Piloten verhindert wurden. Ich sage, menschliches Versagen wird immer dann relevant, wenn durch eine Verkettung von unglücklichen Umständen und durch Piloten nicht beeinflussbare Fehlentwicklungen im Vorfeld der Mensch die Gelegenheit erhält, falsche Entscheidungen zu treffen. Wieso betrifft menschliches Versagen eigentlich nur die Piloten? Ich erinnere an Skyguide.
"Weniger Verspätungen und mehr Sicherheit versprechen sich Ingenieure vom vollautomatisierten Flugverkehr." (SZ)
Damit dürfte das Problem schon vom Tisch sein. Wobei ich den Ingenieuren nicht glaube, dass sie dies gesagt haben. Das ist unlogisch und könnte eher einem Betriebswirtschaftler entstammen, der Piloten einsparen will. Denn, Verspätungen durch überlastete Flughäfen, widriges Wetter, unartige Passagiere oder technische Ursachen haben doch wohl die Piloten nicht zu verantworten. Die müssen es nur ausbügeln. Auch das beste Computerprogramm wird kein besseres Wetter herbeizaubern, keinen Flughafen erweitern oder eine Glühlampe im Cockpit wechseln bevor eine Verspätung entsteht.

Mal weiter im SZ-Text:
"In 20 bis 30 Jahren könnten dann, so die Vision, ferngesteuerte Flugzeuge vorausberechnete Routen abfliegen und verhindern, was im Fachjargon der Luftfahrt zynisch als "kontrollierter Flug ins Gelände" bezeichnet wird: Abstürze, die Piloten durch falsche Einstellung der Instrumente verursachen."
Da schlägt doch das Gewitter drein! Wie viele Flugunfälle bitte schön waren denn auf falsche Instrumenteneinstellungen durch Pilotenfehler zurückzuführen? Jetzt mal ehrlich! Jeder der sich halbwegs mit Luftfahrt beschäftigt, weiss dass solche Flugunfälle am seltensten sind. Mir fällt ad hoc gar keiner ein. Lass mich gerne belehren!

Jaaaa, aber die UAVs fliegen schon automatisch, das könnte doch auf den Zivilluftverkehr übertragen werden, meint das DLR. Keine Frage, technisch gesehen, ist ein vollautomatischer Flug in der heutigen Zeit durchaus machbar. (Warum ist eigentlich das EADS-UCAV "Barracuda" ins Meer gefallen?)

Der Hauptpunkt, den ich sehe, ist jedoch, dass ein Computerprogramm keine Entscheidungen trifft und keinen Selbsterhaltungstrieb besitzt. Es kämpft in Gefahrensituationen nicht ums Überleben. Es kann lediglich bereits vorhandene Erkenntnisse berücksichtigen jedoch keine neuen Probleme durch Gedankenexperimente lösen. Es sieht nur schwarz und weiss, null und eins. Ein Mensch dagegen kann aufgrund seiner Vielzahl von Erfahrungen extrahieren und Schlüsse auf andere Probleme anwenden.

Die Luftfahrt ist eine komplexe Besonderheit. Wir bewegen uns hier in einem Medium, wo wir nicht hingehören. Beginnend beim Wetter, das sich innerhalb von Stunden auf der Flugroute ändern kann bis hin zur immer komplizierter werdenden Technik, das alles birgt die Möglichkeit unvorhersehbarer Einflüsse und verlangt dann Entscheidungen.

Automatische Flüge setzen voraus, dass die geplante Flugroute frei ist. Wer kann das garantieren? Und was ist mit der Business-Fliegerei und der Allgemeinen Luftfahrt? Es kommt immer wieder vor, dass Flugzeuge sich mit unvorhergesehener Veränderung von Flughöhe oder Geschwindigkeit oder auch durch ein paar Runden in der Warteschleife (Holding Position) der aktuellen Verkehrsituation anpassen müssen.

Und daraus folgt nicht zuletzt, was passiert, wenn durch das viel bemühte "menschliche Versagen" ein Slot verpasst und trotzdem gestartet wird? Eine mögliche Kollision ist dann sozusagen schon im Voraus programmiert und niemand sitzt im Cockpit, um den Fehler noch zu korrigieren.

Was ich sagen will und ich wiederhole mich da gerne, ein Computer kann helfen und erleichtern, jedoch keine unvorhergesehenen Risiken erkennen und daraus folgend die richtigen Entscheidungen treffen.

via reise blog

Update - 29.05.2007:
Wie mir das DLR letzten Freitag mitteilte, handelte es sich bei IFATS um ein Forschungsprojekt mit dem Ziel, das technisch Machbare mit Blick in die ferne Zukunft zu untersuchen.

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1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hmm. Sehr schöne Zusammenstellung. Ich würde mir echt schwer überlegen, dann noch zu fliegen... wenn ich nur an Computerabstürze denke... bei nem Zug mag das ja noch angehen, anhalten und gut ist, aber bei nem Flugzeug -> "kontrollierter Flug ins Gelände"?!