Sonntag, Oktober 28, 2007

Mythos: Moderne Luftfahrt ohne technische Revolutionen

"Mit technischen Revolutionen tun sich die Flugzeugbauer seit jeher vergleichsweise schwer."
schreibt Heise und zielt dabei auf die heutigen "veralteten" Flugantriebe. Mal schauen:

Am Anfang stand das Kolbentriebwerk mit Propeller. Danach kam das Staustrahltriebwerk. Fast parallel dazu wurde das Turbinenluftstrahltriebwerk (TL-Triebwerk) entwickelt. Mit der Kombination von Propeller und Turbine über ein Untersetzungsgetriebe entstand das Propeller-Turbinenluftstrahltriebwerk (PTL-Triebwerk). Später wurde aus dem Turbinenluftstrahltriebwerk das Mantelstromtriebwerk, wie es heute im Einsatz ist. Das sind keine technischen Revolutionen?

Grundsätzlich gilt im Ingenieuerwesen: Behalten, was sich bewährt, aber Lösungen entwickeln, wo sie gebraucht werden. Und natürlich wird man sich mit fortschreitender Entwicklung einem Optimum annähern, wo dann wirklich nicht mehr viel geht. Schauen Sie sich die Flugzeuge von heute an. Sie sehen alle gleich aus. Das ist Optimierung. Die Gesetze der Aerodynamik gelten bei Boeing genauso wie bei Airbus oder Iljuschin. Ein Vergleich zwischen älteren und moderneren Flugzeugen zeigt, dass sich mit der Zeit die Form und technische Ausstattung der Flugzeuge angenähert haben. Alle besitzen Rumpf, Tragflügel, ein Leitwerk, Triebwerke, Steuerflächen, im Innern Elektrik, Hydraulik-, Druckluft-, Sauerstoff- und Feuerlöschsysteme. Alle sind gleich. Alles hat sich bewährt.

Dennoch verändern sich die Feinheiten rasant. Während noch in den Achtzigern die Steuerbefehle vom Cockpit durch Gestänge übertragen wurden, die Hydraulikkraftverstärker dem Piloten erst die Macht über die Ruder gaben und ein Belastungsmechanismus die an den Rudern wirkenden Kräfte für ein besseres Gefühl für das Flugzeug dem Piloten zurückgab, ersetzt heute Fly-By-Wire in Kombination von Bordcomputer mit Hydraulik die Steuerung. Wobei, Fly-By-Wire betrachte ich schon als Revolution. Btw., der Vorteil der Hydraulik: Ich habe keine Motorenkennlinie mit schwachem Drehmoment beim Anlaufen. Die Hydraulik liefert sofort volle Leistung, wo sie gebraucht wird. Das Bohrfutter meiner Bohrmaschine (0,5 KW) kann ich beim Einschalten festhalten. Dasselbe möchte ich nicht bei einem Hydraulikmotor gleicher Leistung versuchen.

Zurück zum Triebwerk. Leider hat es der Elektromotor noch nicht einmal auf die Strasse geschafft, wo Gewicht und Auftrieb eher weniger eine Rolle spielen. Er ist immer noch zu schwach und die Energieversorgung problematisch. Die Turbine als Wärmekraftmaschine in Verbindung mit einem mitzuführenden Energieträger grosser Energiedichte hat ein günstigeres Masse-Leistungsverhältnis. Ein Mantelstromtriebwerk liefert heute eine Leistung mit der man eine Kleinstadt beleuchten könnte und Kerosin wiegt 20 Prozent weniger als Wasser. Klar ist diese Technologie alt, aber sie hat sich bewährt. Dass sie jedoch veraltet ist, wage ich zu bezweifeln. Es gibt derzeit keine im Alltag einsatzfähige Alternative zur Wärmekraftmaschine. Ein im Gespräch befindlicher Wasserstoffantrieb wird auch wieder nichts anderes sein. Lediglich der Energieträger wird ausgetauscht. Das Prinzip: Ansaugen - Verdichten - Zünden und Ausstossen wird sich auch bei Wasserstoffantrieben nicht ändern.

Was ich jedoch durchaus bemerkenswert finde, ist, dass die Ingenieure aus den "veralteten" Wärmekraftmaschinen immer wieder noch Verbesserungen im Wirkungsgrad hervorzaubern, die Wartungsintervalle verlängern, Gewicht und Lärm reduzieren und die Zuverlässigkeit erhöhen. Auch das ist für mich jedesmal eine Revolution, auch wenn es "bloss" 20 Prozent Treibstoffersparnis sind.

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