Montag, Juli 10, 2006

Luftfahrt Russlands: Vier Zwischenfälle in 36 Stunden

Nicht allein die Airlines sind schuld

Zwischen dem ersten und vorerst letzen der vier jüngsten Vorkommnisse in der russischen Luftfahrt vergingen nur 36 Stunden:
  • Bei einem Militärflugzeug vom Typ Tupolev TU-134 fing ein Treibwerk Feuer.
  • Ein Airbus A310 der Sibir-Airlines musste am Morgen wegen Treibwerksproblemen in Simferopol notlanden.
  • Wenig später musste eine weitere Maschine auf dem Weg von Wladiwostok nach Ekatarinenburg wegen Treibwerksausfall in Irkutsk notlanden.
  • Auf dem selben Flughafen war gestern ein Airbus A310 über die Piste hinaus und Garagen gerast.
Was ist da los? Schlamperei, Korruption, typisch Russland möchte man meinen. Das ist aber nur ein Teil der Probleme russischer Fluggesellschaften. Der russische Staat spielt dabei eine ebenso wichtige Rolle. Der Konkurrenzdruck zwischen den Airlines ist enorm. Es reicht nicht mehr, einfach nur zu fliegen und die Flugzeuge so gut, wie möglich auszulasten. Wer höheren Wartungsaufwand, Treibstoffverbrauch bei älteren und Second-Hand-Modellen oder Maschinen aus eigener Produktion hat, verliert. Um die eigenen Produkte zu schützen, hält Russland die Einfuhrzölle sowie auch die Mehrwertsteuer für Flugzeuge ausländischer Produktion hoch und trifft damit seine eigenen Airlines. Die sind gezwungen mehr für moderne, sparsamere und wartungsarme Flugzeuge zu bezahlen als ihre auf den russischen Markt drängende Konkurrenz. Der Effekt, russische Fluggesellschaften, vor allem kleinere, können sich das so nicht leisten und weichen auf die zweite Liga des Flugzeugmarktes aus, was jedoch offensichtlich ebenfalls nicht mehr funktioniert. So sind die Betriebskosten für eine Flugstunde einer Ilyushin IL-96 um 1.300 Dollar höher als bei einer gleichwertigen Boeing-767. Das russische Ministerium für Wirtschaftsentwicklung und Handel wies Forderungen nach einer Reform der Zollbestimmungen für Luftfahrtimporte mit dem Hinweis auf die enormen Förderungen der eigenen Luftfahrtindustrie zurück. Es vergass dabei, dass die derzeit in Entwicklung befindlichen Flugzeuge erst in mehreren Jahren den Airlines zur Verfügung stehen. Mit dem Projekt RRJ von Suchoi werden nun alle Hoffnungen verbunden. Jedoch kann ein Flugzeugtyp nicht die Anforderungen eines rasant wachsenden russischen Marktes erfüllen. Eine breite Produktpalette, wie sie heute nötig ist, um effizient am Transport-Markt zu agieren, fehlt. Putin ordnet nun für seine Flugunfälle eine Untersuchung nach der anderen an. Dabei sollte er vor allem vor der Tür des Kremels kehren.

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